Das
Buch war ein Geschenk, ein lieb gemeintes Geschenk. Ein bisschen An- und
Aufregung kann ja nicht schaden! Und ich gebe zu, dass ich die über 600 Seiten
nach zwei Tagen durchhatte. Was mich trieb? Jedenfalls keine Triebhaftigkeit im
natürlichen Sinne, sondern der naive Glaube, dass die Story vielleicht doch
noch erstaunliche Entwicklungen, gar Überraschungen bereithält. Mein Fehler,
doch immer wieder an das Gute zu glauben.
Die
Erzählung ist ebenso simple wie uralt: Die 21-jährige Jungfrau (hä?) Anastasia trifft
steinreichen, also Milliardenschweren, überirdisch schönen Prinzen namens Christian.
Natürlich ist sie absolut fasziniert von ihm und gibt sich ihm ebenso
selbstverständlich hin. Dass er dabei nicht gerade zartbesaitet vorgeht, soll
dem Ganzen sicherlich Würze verleihen. Also mal ehrlich? Welche Frau stellt
sich ihre Entjungferung gerne brutal vor?
Die
Beziehung, wenn man es als solche wirklich bezeichnen will, liest sich wie ein
Teenagertagebuch. „Ich will Dich, aber Du kannst mich ja nicht lieben, weil Du
nicht wirklich lieben kannst. Ach Gottchen, wer weiß, was da Schlimmes in
Deinem Leben passiert ist, Liebster, aber ich werde Dich mit meiner ach so
reinen Liebe heilen.“
Dazwischen
geht’s natürlich zur Sache, aber nicht etwa erotisch, sondern entweder mit dem,
was die Autorin für Blümchensex hält oder in Sado-Maso-Manier. Das ist
besonders glaubhaft, weil wir es hier mit einem in der Liebe vollkommen
unbescholtenen Alabasterwesen zu tun haben. Wo gibt’s denn sowas? Das ist
Groschenheftniveau.
Irgendwann
hört man auf die Höhepunkte zu zählen, so zahlreich und in allen erdenklichen
Stellungen erfolgen sie. Und nicht nur das. Da wird jedes Mal wie wild
explodiert. Alle Achtung! Dazu eine Sprache der Autorin, die leider allzu brav
und amerikanisch-prüde (ich weiß, sie ist Britin) daher kommt. Oder warum
bezeichnet das angebliche Sado-Maso-Luder seine lustvollen Körperregionen mit
altbacken und verklemmt anmutendem Vokabular wie „Unterleib, da unten, wo die Beine aufhören und
Körpermitte“? Vermutlich deshalb, weil der inzwischen nicht mehr jungfräulichen
Ana im Laufe des Romans gut 50 Mal die Kinnlade runterfällt, sie unter
Kieferstarre leidet und somit nicht in der Lage ist sich anderweitig zu
artikulieren.
Ständig ist sie außerdem damit beschäftigt rot zu werden,
wahlweise feuerrot, puterrot, dunkelrot. Wie wäre es denn mal mit samtrot? Dazu
werden andauernd die Augen gerollt, was aber zur Folge hat, dass Ana dann ganz,
ganz böse von ihrem Sklavendompteur bestraft werden muss. Und dann dieser Quatsch mit der "inneren Göttin". Also ich kenne nur innere Organe.
Mit
anderen Worten … der Roman ist schlecht geschrieben und genauso schlecht
lektoriert. Alleine der Thesaurus von Word hätte nützliche Dienste erwiesen. Es
gibt mitunter sogar Sätze, die fast identisch zwei Seiten aufeinander folgen.
Irgendwann beschloss ich, die nächste Seite heraus zu reißen, wenn ich noch ein
weiteres Mal den Ausdruck „postkoital zerrauftes Haar“ lese. Hätte ich das
wirklich getan, wäre das Buch nur noch halb so dick.
Um
es ganz klar zu machen: Die Story könnte vielleicht sogar reizvoll sein, wenn
sie auf zwei reifen Sexualcharakteren aufbauen würde, die gemeinsam auf Entdeckungstour
gehen und dabei ganz neue Spielwiesen erobern. Was an diesem Buch aber erotisch
sein soll, entzieht sich meiner Kenntnis. Es ist plakativ und eindimensional. Es
lässt keinen Spielraum für die eigene Fantasie und wie jeder weiß, beginnt
guter Sex erst mal im Kopf. Alleine weil ich unliebsame negative Auswirkungen
auf ebendiese zerebralen Funktionen fürchtete, habe ich mir die weiteren Bände
gespart.
Was
die enormen Verkaufszahlen angeht, da stelle ich mir mittlerweile die Frage, ob
ich mich für so manche Geschlechtsgenossin nicht doch fremdschämen muss. Kann
es vielleicht sein, dass es so vielen Frauen gefällt sich einem Mann dermaßen
zu unterwerfen, dass er entscheidet welches Kleid sie tragen, welches Auto sie fahren
und wann sie austreten dürfen? Finden wirklich so viele Frauen die Aussicht auf
ein devotes Dasein als schmückendes und wortloses Beistelltischen aber dafür
mit inkludierter Herdprämie attraktiv?
Ach
so, wer den ersten Band preiswert erwerben möchte - natürlich nur, um sich
selbst ein Bild zu machen -, kann sich an momox.de wenden. Da bin ich ihn
soeben losgeworden, ganz ohne Reitgerte, nur mit der fingerfertigen Kunst kleiner
lasziver Handbewegungen :-).
©Andrea
Steffen