Summerblues
Wenn der Sommer ein Herbst ist, wird das plötzlich zum
Thema, das für mich nie eines ist: Das Wetter.
Eine für den Sonntag geplante Radtour endet in Fußpflege,
Gesichtspackungen, Dusche schrubben und der Herstellung von Bananeneis, das
keiner will, weil draußen 14°C sind und der Regen querschießt.
Ich könnte Mails beantworten, aber die Worte, die nicht so
richtig kommen wollen, fühlen sich klamm an. Das will ich keinem antun.
Während der Löffel ins ungeliebte Bananeneis taucht, sucht
der Blick durch die Tropfen am Fenster einen Weg nach draußen. Gegenüber auf
dem Kellerschacht sitzt unser Kater und guckt erstaunlich zufrieden. Er wärmt
sich den Hintern an der heißen Abluft des Wäschetrockners aus dem Nachbarhaus. Zumindest
das lässt mich grinsen.
In einer Regenpause rücke ich das ungenutzte Trampolin auf
dem Rasen ein Stück weiter nach links, um dem Grün darunter auch mal die
Chance auf Licht zu geben. Ein hoffnungsvoller Blick nach
oben-rüber-hinten-rechts-westwärts zeigt dräuendes Dunkel. Eine patschnasse
Hummel rettet sich gerade noch so unter die trockenen Stellen der Funkie. Höhlenwetter!
Der Wäschekorb fühlt sich etwas schwer an. Als der andere
Kater seinen Kopf aus den frisch gefalteten T-Shirts reckt, weiß ich warum.
Etwas Warmes braucht … nicht nur der Mensch.
Auf der Internet-Suche nach Unterkünften an der Ostsee lande
ich auf Seiten mit traumhaften Hotels mit Strandlage, Whirlpools,
Barbeque-Corners, Palmen und Olivenhainen … an der Costa del Sol. Die Flüge
sind ausgebucht, ebenso auf Djerba, Malle, Gran Canaria, Korsika und an der
Algarve. Ich klicke zurück auf Ostsee und bekomme Gänsehaut. Menno!
Ich gehe im Keller auf Glühweinsuche, werde fündig, grabe in
der Wohnzimmerschublade „Der englische
Patient“ aus, ziehe ein Paar Wollsocken über, wickel die Fleecedecke um mich und
lege sicherheitshalber eine Packung Tempos zurecht.
Und dann lass ich ihn kommen: den Summerblues! Mit Rotz und
Wasser, Land unter, Seelenschmerz, Herzschieflage und Schniefen. Das
musste einfach sein.
Und ab morgen soll es ja dann doch ein bisschen trockener
und wärmer werden.
Labels: Herbst im Herzen