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Das Ziel: Bahnhof Amsterdam Centraal |
Es
fährt ein Zug nach nirgendwo (Teil 1)
Von Bahnschaffnern,
die man küssen muss, einer fast verlorenen Kamera, einer echt verlorenen Lesebrille, stillen Örtchen
ohne Stille, Pfützen auf Bahnsteigen und Zügen, die im Nimmerland enden.
Im Grunde fing
es damit an, dass ich einen Schaffner küssen musste. Oder nicht ganz. Es fing
damit an, dass das Kind meinte „Ich fahre Euch nach Roermond, das ist billiger,
der Grenzwechsel macht Bahnfahren mit der Deutschen so teuer.“ Das Kind muss es
wissen. Schließlich pendelt es regelmäßig zwischen Groningen und Willich.
Gesagt, getan.
Und als ich dann so im Zug nach Amsterdam saß, überkam mich eine wunderbare
Leichtigkeit. Genau 3 Minuten lang.
Bis ich merkte, dass die innere
Leichtigkeit von einer äußeren kam. Es war mir leicht ums Herz, weil nämlich
das übliche Gewicht eines Schultergurtes fehlte. Und an dem Schultergurt hängt
normalerweise meine Kamera. Meine schweineteure Spiegelreflex mit ebenso
schweineteurem Objektiv! Wer mich kennt, weiß was das heißt. Ich erwog, die
Notbremse zu ziehen. Glücklicherweise setzte da mein Verstand wieder ein.
Von der Erkenntnis,
dass ich Vollidiot die Kamera im Wartehäuschen auf dem Bahnsteig 2 des schönen
Bahnhofs von Roermond liegen gelassen hatte bis zu dem Zeitpunkt als ich wie
ein frisch geölter Blitz durch den Zug flitzte und auf einen verdatterten
Schaffner prallte, vergingen rund weitere 3 Minuten.
Mein
Gesichtsausdruck muss flehentlich gewesen sein. Das dem Schaffner vehement
entgegen geschleuderte „I’ve got a serious problem“ tat wohl sein Übriges. Er
erkannte meine Notlage und schnappte sich sein Handy, telefonierte mit mehreren
Personen mir unverständliches Zeug und erklärte mir dann in lupenreinem
Hollanddeutsch „Warte hier, ich gebe Bescheid, wenn man die Kamera gefunden
hat.“ Ich machte Sitz. Und zappelte hyperventilierend auf meinem Platz herum.
Die Zeit
verrann und rann und rann und rann …
Und dann
tauchte er wieder auf, der schönste und liebste Schaffner der Welt. „Die Kamera
ist gefunden. Du kannst sie abholen in Roermond. Sage mal Deinen Namen.“ Ich
buchstabierte brav Vor- und Nachname und dann küsste ich den Schaffner.
Sentimental, emotional. Ich weiß, aber das war einfach notwendig.
Im Abteil wurde
applaudiert und ich machte mich auf den Weg in mein nächstes Bahnabenteuer.
Fortsetzung
folgt
Text & Foto:
Andrea Steffen
Labels: Reisen