Ab geht die
Luzi!
Wer ist Luzi
und warum geht sie ab?*
Ich wünschte
mir Nordseeküstengegenwind, Schwarzwaldberge und griechische Sonne. Und zwar am
Niederrhein. Genauer gesagt zum Radfahren!
Kein Scherz!
Auch keine
neue Form einer trendigen 10.000-Kalorien- Fettverbrennungs-Diät oder verschärfte
Vorbereitung des Radfahranteils eines Triathlons für Flachlandtiroler oder
One-Women-Survival-Package für durchgetickte Schreibtischtäterinnen. Nichts von
alledem.
Es war
lediglich eine Einladung eines Geschäftspartners zu einer 3-stündigen Testfahrt
mit einem E-Bike. Und da wünscht frau sich halt etwas erschwerende Bedingungen,
um dem Gerät einiges abzuverlangen und das Beste aus sich und dem fahrbaren
Untersatz heraus zu holen. Wenn schon, denn schon!
An dem Tag
ging kein Lüftchen, der Niederrhein ist und blieb flach wie eine Sylter Scholle
und es herrschten angenehme Temperaturen von 17°C bei bedecktem Himmel. So viel
zum Thema Härtetest.
Für die
Kundenzeitung meines Arbeitsgebers hatte ich bereits zum Thema Elektrofahrräder
recherchiert, allerhand Fakten zusammengetragen und sogar eingefleischte
Pedelecsfahrer interviewt. Jetzt galt es das angehäufte Wissen auch mal in die
Praxis umzusetzen.
Der
Tourguide verlangte das Tragen eines Helms, was bei mir unter besagtem Helm
innerlich zu folgenden Monolog führte „Wieso hast Du eigentlich die Haare heute
früh gefönt? Kann man mich dazu zwingen? Lasse ich mich zwingen? Ist das
Nichttragenwollen eines Helms vielleicht zwanghaft? Und wie fährt es sich
eigentlich in einer Zwangsjacke Fahrrad?“ Zu mehr kam ich glücklicherweise nicht,
denn es ging los.
Erst mal
raus aus der Stadt. Und dafür braucht man nun wirklich keine elektrische
Unterstützung, denn immer wieder wird gebremst, geschaltet, gekurvt, angehalten,
gewartet und wieder angetreten. Aber dann – irgendwann – tun sich vor uns die
Weiten des Niederrheins auf und so sehr ich auch beim Radfahren gerade die Möglichkeit
schätze es auch mal langsam gehen zu lassen, wenn ich Zeit habe und mir die
Landschaft anzusehen oder kurzfristig vom Rad zu hüpfen und mich bäuchlings auf
die Wiese zu werfen, um Kuhnüstern aus der Froschperspektive zu fotografieren,
so sehr war es ein reines Vergnügen beim eh schon flotten Tempo im obersten
Gang noch einen drauf zu setzen und so richtig schön mit Schmackes um die
Felder zu düsen.
Ab ging die
Luzi! Und wie!
Für das
menschliche Auge unsichtbar, verwandelte sich mein robustes Damenfahrrad mit
extratiefem Einstieg in eine stromlinienförmige Turbohochleistungsmaschine. Ich
selbst mutierte stante pedes zum kleinen tasmanischen Tempoteufelchen. Die
Landschaft flog vorbei, ich überflügelte das zufällig anwesende Promotion-Team
von Red mit einem einzigen Satz, auf dem Gehweg befindliche Spaziergänger mit
Dackel und im Schneckentempo schleichende Jogger wurden allein vom Fahrtwind
meines pfeilschnellen Gefährts in den Graben gefegt während das heimische
Fleckvieh laut muhend im Galopp vor den anbrausenden Wogen meiner
Schallgeschwindigkeit floh.
Allein die
profane Technik deckelte meinen satanischen Höhenflug. Mit dem Ausschalten des
Elektroantriebs in der nächsten 180 Grad-Kurve, die ich sonst nicht überlebt
hätte, verwandelte sich Luzi wieder in die Dorfradlerin aus der Willicher
Tiefebene.
Trotzdem,
das war ganz einfach: ABGEFAHREN!
In
Nullkommanix hatten wir etliche Kilometer hinter uns gebracht, zumindest eine
Strecke, die unbedingt nach einem kühlen Blonden verlangte. Geschwitzt habe ich
schon und ein wenig angestrengt habe ich mich auch, denn ohne Treten geht da
nix, aber es hat ganz einfach Spaß gemacht und vor allem ein paar Gedanken
beflügelt, wie man so eine Aktion für unsere Kunden umsetzen kann. E-Bike-Tour
an „unseren“ Sehenswürdigkeiten vorbei verbunden mit Geo-Caching im
Baustellenbereich neu verlegter Gasleitungen, Freeclimbing am Wasserturm,
Nacktschwimmen im Aufbereitungsbecken und Seilartistik auf Freileitungen. Also
man kommt da auf so Ideen, wenn man auf „Speed“ ist ;-).
Ob ich mir
jetzt so ein Teil zulege? Wäre eine Maßnahme, um die Fantasie zu befeuern.
Ansonsten eher nein angesichts der Tatsache, dass ich eh mehr im Dorfverkehr
unterwegs bin, gerade eben erst ein konventionelles Rad neu erstanden habe und bei
den längeren Wochenendtouren auch den sportlichen Aspekt beim Radfahren
schätze.
Andererseits
beträgt der Turnus des Fahrradneukaufs im Durchschnitt bei mir 17 Jahre und so ist
es gut möglich, dass ich nach diesem Zeitraum auf ein Pedelec umsteige.
Vielleicht sogar mit Helm.
*Ach so, wer
Luzi ist und warum sie abgeht, dürfte jetzt beantwortet sein, oder?